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Das deutsche Steuersystem

Aktualisiert: 27. Apr. 2021

Deutschland hat ein eigenartiges Steuersystem – die Steuerlast wir ganz anders als in anderen Ländern (Tschechien, Ungarn, Slowakei) berechnet. Deswegen möchten wir im heutigen Beitrag erklären, wie das deutsche Steuersystem funktioniert. Wir werden insbesondere auf ausländische Arbeitnehmer, die als sogenannte ‚Pendler‘ in Deutschland arbeiten oder solche, die Familie im Ausland haben und in Deutschland nur wegen der Arbeit wohnen. Wir werden kurz alle Steuerklassen und deren mögliche Kombinationen erklären, sodass Sie entscheiden können, was für Sie am besten ist.



Funktionsweise des deutschen Steuersystems


Fangen wir an: Wer Geld verdient, muss eine Einkommensteuer zahlen. Bevor die Einkommensteuer an den Staat abgeführt wird, nennt sich das verdiente Geld Brutto-Einkommen. Sind die Steuern und Versicherungen bezahlt, heißt es Netto-Einkommen. Das Netto-Einkommen ist die Summe, die am Ende auf das Konto landet und die man ausgeben kann.

Doch wie hoch ist die Einkommensteuer? Das hängt vom Brutto-Einkommen ab. Je höher das ist, desto höher die Einkommensteuer. In Deutschland gibt es keinen festen Steuersatz. Das heißt, dass man nicht sagen kann, man zahlt 10, 15, oder 20% Steuer und kann es einfach als Prozente vom Einkommen ausrechnen.

Also:

Ein Teil des Einkommens (im Jahr 2019 war das 9.168€) ist immer steuerfrei. Das nennt man Freibetrag. Wer also im Jahr nicht mehr als dieser Freibetrag verdient, zahlt überhaupt keine Steuer. In diese Gruppe zählen z.B. Studenten oder Rentner, die nur einen Minijob haben.

Für alle anderen gilt, auch dieser Freibetrag und Steuer werden nur für das restliche Einkommen über Freibetrag bezahlt. Der Steuersatz ist abgestuft. Das heißt, dass je mehr man verdient, desto mehr %-Steuer muss man zahlen. Wenn Sie wissen wollen, wie viel Steuer Sie ungefähr im Jahr zahlen müssen, finden Sie das in dieser Tabelle.



Steuerklassen


Nachdem wir das Steuersystem geklärt haben, erklären wir die Steuerklassen.

Jeder, der in Deutschland arbeitet, hat eine vom Finanzamt zugewiesene Steuerklasse. Diese Steuerklasse müssen Sie dem Arbeitgeber mitteilen und er berechnet aufgrund dessen die Steuer in Ihrer Lohnabrechnung.

Nach der Ankunft in Deutschland und Abschluss des ersten Arbeitsvertrages werden Sie automatisch vom deutschen Finanzamt in die Steuerklasse 6 eingegliedert. In der Steuerklasse 6 müssen Sie die meisten Steuer bezahlen und Sie werden hier eingegliedert, weil das deutsche Finanzamt keine Informationen über Sie hat. Um das zu ändern, haben Sie zwei Möglichkeiten:


1. Sie melden sich im Bürgerbüro in Ihrer Stadt zum deutschen Wohnsitz: Falls Sie in Deutschland länger als 3 Monate bleiben wollen, sind Sie verpflichtet, sich anzumelden. Dafür brauchen Sie eine Bestätigung vom Vermieter. Im Bürgerbüro werden Sie Ihre Daten vorlegen: Name, Geburtsdatum, Ausweisnummer, Familienstand, Konfession. Diese Daten werden automatisch an das Finanzamt weitergeleitet. Sobald Finanzamt diese Daten hat, kann es entscheiden, welche Steuerklasse Sie bekommen. Sie bekommen per Post Ihre Steuer-ID (eine Nummer, die alle diese Daten über Sie beinhaltet – Name, Geburtsdatum und -ort, Familienstand, Konfession und auch die Steuerklasse). Diese Steuer-ID müssen Sie Ihrem Arbeitgeber vorlegen, so kann er Sie nach der richtigen Steuerklasse besteuern.


2. Falls Sie nach Deutschland aber nur zum Arbeiten kommen und entweder jeden Tag über die Grenze pendeln oder nur in einer Pension/Hotel/Monteurunterkunft/Ferienwohnung wohnen und keine richtige Mietwohnung haben, können Sie sich im Bürgerbüro nicht anmelden. Da so Finanzamt keine Daten über Sie bekommt, müssen Sie ihm das mitteilen. Dafür verwenden Sie dieses Formular. Sie müssen es ausfüllen, in Ihrer Heimat beim Finanzamt einen Stempel einholen (dass Sie einen festen Wohnsitz in der Heimat haben) und an das nächste Finanzamt schicken. Es kann sein, dass Sie dieses Dokument von Ihrem Arbeitgeber bekommen, Sie müssen es nur in der Heimat bestätigen lassen und alles andere erledigt der Arbeitgeber für Sie. Beachten Sie aber, dass das der Arbeitgeber nicht tun muss, das ist seine freiwillige Hilfe. Sie als Arbeitnehmer müssen sich selbst darum kümmern, dass Sie die richtige Steuerklasse haben.





Ausländische Beamte verwechseln dieses Formular oft mit einem ähnlichem, das für die Steuererklärung bestimmt ist, deswegen sollten sie es denen erklären, was Sie brauchen. Es kann sein, dass die nette Frau am Schalter Ihnen mitteilt, dass sie für einen Stempel und eine Unterschrift 30 Tage Zeit haben. Das macht aber nichts, denn auch wenn Sie es später mitbringen, bekommen Sie vom deutschen Finanzamt die Steuer zurück, was Sie zu viel bezahlt haben (Achtung aber, das gilt nur, wenn das im gleichen Kalenderjahr ist).

Nachdem Sie dieses Formular an das deutsche Finanzamt geschickt haben, haben die wiederum 30 Tage Zeit, Sie in die richtige Steuerklasse einzutragen. Danach bekommt Ihr Arbeitgeber ein Schreiben, wo es drin steht, mit welcher Steuerklasse Sie dieses Kalenderjahr versteuert werden. Dieses ganze Procedere müssen Sie jedes Kalenderjahr tun, bis Sie sich nicht in Deutschland zum Wohnsitz anmelden und eine Steuer-ID bekommen.


Aber welche Steuerklasse ist für wen? Es gibt folgende Möglichkeiten:

  • Steuerklasse 6: Für Arbeitnehmer ohne Steuer-ID, die im aktuellen Kalenderjahr noch nicht in Deutschland gearbeitet haben

  • Steuerklasse 1: Für Ledige Arbeitnehmer

  • Steuerklasse 2: Für alleinerziehende Eltern

Bei Ehepaaren werden die Steuerklassen gemeinsam festgelegt, wobei die Summe dieser beiden Klassen immer 8 ergeben muss:

  • Steuerklassen 5 und 3: Ehepartner, der die Klasse 5 hat, zahlt deutlich mehr Steuer als der, der eine 3 hat. Diese Kombination lohnt sich dann, wenn die Differenz zwischen Einkommen der beiden Ehepartner groß ist. Dann sollte der, der mehr verdient die Klasse 3 nehmen und der mit weniger Einkommen die Klasse 5 nehmen.

  • Steuerklassen 4 und 4: Wenn beide Ehepartner etwa gleich viel verdienen. Die Höher der Steuer ist dann gleich wie bei der Steuerklasse 1 (siehe oben).

Für Arbeitnehmer, deren Ehepartner in der Heimat wohnt und in Deutschland sind sie nur wegen der Arbeit, ist die günstigste Kombination die 3. Klasse für den, der in Deutschland arbeitet und die 5. Für den, der in der Heimat ist (denn dieser verdient höchstwahrscheinlich weniger). Oft ist es so, dass der, der in Deutschland arbeitet, minimal oder kaum Steuer zahlt (oder nur sehr wenig) und verdient so netto mehr, als ein Kollege, der die Steuerklasse 1 hat und mehr Steuer zahlt.



Steuererklärung


Was aber, wenn man die falsche Steuerklasse hat? Sollte man feststellen, dass man in der falschen Steuerklasse ist, ist es immer noch nicht so schlimm. In der Steuererklärung wird sowieso alles nochmal berechnet und man bekommt Steuer zurück, wenn man im Laufe des Jahres zu viel bezahlt hat oder aber man muss auch zurückzahlen, wenn man im Laufe des Jahres zu wenig bezahlt hat.

Es ist dabei wichtig zu erwähnen, dass alle, die in der Steuerklasse 1 sind, nicht verpflichtet sind, eine Steuererklärung abzugeben. Wenn man aber einem eine abgibt, muss man das danach schon jedes Jahr tun. Es ist möglich, die Steuererklärung rückwirkend für 5 Jahre abzugeben.


Bei Steuerklasse 3 oder 5 ist man verpflichtet, jedes Jahr eine Steuererklärung abzugeben und zwar bis zum 31.07. des nächsten Jahres. Falls ein Ehepartner im Ausland arbeitet und sein Einkommen sich im Laufe des Jahres deutlich erhöht, kann es durchaus passieren, dass man Steuer nachzahlen muss. Bei Ehegatten werden nämlich beide Einkommen zusammengerechtet (egal ob aus Deutschland oder aus dem Ausland), durch zwei geteilt und davon eine Steuer ausgerechnet für den, der in Deutschland arbeitet.


Wir hoffen, dass Sie unsere Erklärung nachvollziehen konnten und es Ihnen geholfen hat, deutsche Steuer zu verstehen 😊. Bei Fragen melden Sie sich gerne an uns oder schreiben Sie ein Kommentar.

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